Klimafreundlich heizen: Warum Fernwärme heiß begehrt ist
Grüne Fernwärme liegt im Trend. Gründe dafür gibt es viele. Aber wie funktioniert Fernwärme überhaupt? Was genau macht sie so nachhaltig? Und wo kann man sie in Bielefeld beziehen? Diese und weitere Fragen beantwortet unser Experte Thomas Ponert im Interview.
Die Idee ist ziemlich clever, aber nicht neu: Schon die Römer transportierten heißes Wasser aus Thermalquellen über Rohrleitungen zu Gebäuden, um sie zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen. Mit dem Niedergang des Römischen Reiches geriet Fernwärme allerdings lange in Vergessenheit.
Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts erlebte sie ein Comeback: Zu dieser Zeit nutzten die Menschen meist einzelne Feuerstätten, um ihre Gebäude zu erwärmen. Dadurch entstand eine hohe Brandgefahr, hinzu kam die starke Luftverschmutzung durch Asche. Daher installierte man in dichtbesiedelten Städten sogenannte Fernwärmesysteme, über die die Wärmeversorgung zentralisiert werden konnte.
Heute ist Fernwärme gefragter, denn je zuvor. Warum das so ist und welche Vor- und Nachteile sie hat, erzählt Thomas Ponert im Interview.
Kurz und einfach erklärt – wie funktioniert Fernwärme?
Am Prinzip der Römer hat sich grundsätzlich nichts geändert. Allerdings sind wir technisch heute viel weiter. Bei Fernwärme handelt es sich – vereinfacht gesagt – um Wasser, das durch einen anderen Prozess erwärmt wird. So entsteht zum Beispiel bei der Produktion von Strom oder der Verbrennung von Müll Wärme, die zum Erhitzen des Wassers genutzt werden kann. Über unterirdische Leitungen wird das heiße Wasser dann zu den Haushalten oder Firmen geführt. Dort gibt es die Wärme über einen Wärmetauscher an die Heizungsanlage ab. Danach fließt das Wasser zum Wärmeerzeuger zurück und wird erneut aufgeheizt.
Seit wann gibt es Fernwärme in Bielefeld?
Der Aufbau des Bielefelder Fernwärmenetzes begann 1955 mit dem Bau der ersten Leitung zwischen dem Kraftwerk der Stadtwerke Bielefeld an der Schildescher Straße und dem Hallenbad am Kesselbrink. Insoweit wurde das Kraftwerk zum Heizkraftwerk erweitert, das neben Strom nun auch Fernwärme lieferte. Auch die Häuser, die auf der Wegstrecke der ersten Fernwärmeleitung lagen, konnten so mit Fernwärme versorgt werden. Das betraf zum Beispiel die Häuser an der August-Bebel-Straße. Ab da breitete sich das Fernwärmenetz nach und nach spinnennetzartig in Bielefeld aus.
Wo wird Fernwärme hier in Bielefeld produziert?
In Bielefeld gibt es acht Anlagen, in denen Fernwärme erzeugt wird, dazu zählen unter anderem die Müllverbrennungsanlage Bielefeld-Herford, das Heizkraftwerk und das Holzkraftwerk an der Schildescher Straße und eine Biogasanlage in Dornberg. Drei Viertel des Jahresbedarfs werden über die Müllverbrennungsanlage Bielefeld-Herford gedeckt. Hier wird die Energie also aus der Abfallverbrennung gewonnen, das ist genial, schließlich läuft die Müllverbrennungsanlage ja sowieso. Für die wenigen Tage im Jahr, wo es plötzlich extrem kalt wird und schnell ganz viel Wärme gebraucht wird, müssen die Spitzenheizwerke Sieker, Bolbrinkersweg und Universität zugeschaltet werden.
Welche Vorteile hat Fernwärme?
Dadurch, dass wir die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung nutzen, ist diese Heiztechnik besonders ökologisch und weist nur niedrige CO2-Emissionen auf. Außerdem macht Fernwärme die Nutzerinnen und Nutzer relativ unabhängig von fossilen Brennstoffen wie Öl oder Gas. Hinzu kommt, dass die eingesetzte Technik platzsparender und deutlich langlebiger ist als Gas- oder Ölkessel. Außerdem ist sie weniger wartungsintensiv, so wird zum Beispiel kein Schornsteinfeger benötigt.
Klingt alles super, wie kann ich Fernwärme in Bielefeld beziehen?
Der Ausbau des Fernwärmenetzes ist mit hohen Aufwänden verbunden. Daher ist noch nicht das gesamte Bielefelder Stadtgebiet an das Fernwärmenetz angeschlossen. Vor allem in den Randbezirken der Stadt ist sie nicht überall verfügbar und wird es auch künftig nicht sein. Deutlich besser sieht es derzeit schon im Stadtteil Mitte aus. Über unsere interaktive Karte zum Fernwärmenetz in Bielefeld kann jeder herausfinden, ob ein Fernwärmeanschluss prinzipiell möglich ist.
Gibt es auch Nachteile der Fernwärme?
Da der Run auf Fernwärme groß ist, sind die Wartezeiten entsprechend hoch. Derzeit kann man im Durchschnitt von etwa 1,5 Jahren ausgehen, bis die Leitung im eigenen Haus liegt. Wir versuchen natürlich, dagegen zu steuern, aber der Personal- und Materialmangel macht es uns schwer.
Ob sich Fernwärme finanziell lohnt, hängt stark von der Wohnsituation ab. In den Randbezirken der Stadt gibt es meist Einfamilienhäuser mit eigenen Anschlüssen, da rentiert sich die Verlegung des klassischen Fernwärmenetzes einfach nicht. Eventuell könnten dort in Zukunft aber Nahwärmenetzwerke entstehen, zum Beispiel in der Nähe großer Firmen, deren Abwärme sich so sinnvoll nutzen ließe.
Apropos Kosten: Was sieht’s da bei Fernwärme aus?
Wenn die eigene Immobilie bereits am Bielefelder Fernwärmenetz liegt, sind die Investitionskosten für einen Anschluss relativ gering. Um Fernwärme nutzen zu können, wird außerdem ein Wärmetauscher benötigt. Dieser wird für jedes Haus individuell gebaut, daher kann diese Investition erstmal schon etwas höher sein. Die Kosten amortisieren sich aber schnell. Hinzu kommt, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) 35 Prozent der Kosten für die Installation von Wärmetauschern übernimmt, wenn es sich um grüne Fernwärme handelt. Das bedeutet, dass ihr Anteil an erneuerbaren Energien und oder Kraft-Wärme-Kopplung hoch sein muss. Auf die Fernwärme der Stadtwerke Bielefeld trifft das zu.
Es lohnt sich auch immer, einen Blick in die Fördermitteldatenbank auf unserer Website zu werfen, dort erhält man eine Übersicht über die aktuellen bundesweit und im Bundesland verfügbaren Programme.
Ist das Heizen mit Fernwärme günstiger als mit Gas, Öl oder Holz?
Die Fernwärmepreise fallen je nach Anbieter sehr unterschiedlich aus. Bei den Stadtwerken Bielefeld waren sie im Vergleich zu den Gaspreisen immer gut. In anderen Städten ist Fernwärme oft teurer.
Generell ist es wichtig zu wissen, dass der Wechsel des Wärmelieferanten bei Fernwärme nicht möglich ist. Mit den sogenannten Preisänderungsklauseln soll für beide Seiten eine verlässliche Basis für die vertragliche Preiskalkulation geschaffen werden. Aufgrund der Aktualisierung der Preisänderungsklausel sinkt der Preis für Fernwärme bei den Stadtwerken Bielefeld ab dem 1. April 2023 auf 8,91 Cent je Kilowattstunde.
Wie viele Haushalte heizen in Bielefeld bereits mit Fernwärme?
Aktuell versorgen wir etwa 28.700 Haushalte mit Fernwärme. Da es in Bielefeld insgesamt circa 170.000 Haushalte gibt, ist das ein Anteil von 17 Prozent. Damit stehen wir im deutschlandweiten Vergleich ziemlich gut da, weil der Fernwärmeanteil hier nur etwa neun Prozent beträgt. Hinzu kommen noch all die namhaften Industriekunden, die wir mit Fernwärme beliefern.
Wird die Bielefelder Fernwärme in Zukunft noch grüner werden?
Wir versuchen stetig unsere Fernwärme weiter zu vergrünen. Deshalb möchten wir die Anteile, die noch über die klassischen Energieträger befeuert werden, langfristig auslaufen lassen. Stattdessen werden wir verstärkt auf erneuerbare Energien setzen. In der Peripherie planen wir, die Spitzenheizwerke zum Beispiel auf Biomethan umzustellen. Bei zwei unserer Spitzenheizwerke ist das bereits geschehen.
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Wir sind Ihr kompetenter Ansprechpartner
Umweltfreundlich, unabhängig und effizient: Etwa 17 Prozent der Bielefelder profitieren bereits von den Vorteilen der Fernwärme. Sie bald auch?
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Bitte beachten Sie, dass in folgenden Bielefelder PLZ-Bereichen keine Fernwärme verfügbar ist: 33647, 33649, 33659, 33689, 33699, 33719, 33729 und 33739.
Sollte sich Ihre Immobilie in einem der übrigen PLZ-Bereiche befinden, prüfen wir gern, ob ein Fernwärme-Hausanschluss für Sie möglich ist.